DIE HÖHLENKIRCHEN IM INNEREN SALZKAMMERGUT

 

Vor rund 500 Jahren - genau am 31. Okt. 1517 -  schlug bekanntlich Martin Luther bzw. seine Bekannten einen Teil seiner 95 Thesen an das Kirchenportal von Wittenberg. Der ursprünglich katholische Mönch ahnte sicherlich nicht, welche Folgen seine Aktion haben würde. Eigentlich wollte er nur einige Missstände (Ablasshandel etc.) anprangern, welche sich in der kath. Kirche eingeschlichen hatten.

Schon um 1519 begannen die ersten Maßnahmen, damit die von den Habsburgern regierten Länder wieder katholisch wurden. Es war in einer Zeit des wirtschaftlichen Aufschwung, nachdem Böhmen als wichtiger Salzumschlagort erworben wurde. Gmunden galt damals schon als Hochburg der "Lutherischen."

1555 wurde unter König Ferdinand I. nach langen Verhandlungen der Augsburger Religionsfrieden beschlossen. Unter den jeweiligen Landesherren wurde die jeweilige Religionszugehörigkeit akzeptiert. 

Um 1570 herum traten rund um den Dachsteingemeinden auch die sogenannten „Wiedertäufer“ auf. Diese Sekte wurde von den evangelischen und katholischen Christen sogar gemeinsam bekämpft und die Anhänger  vertrieben.

Die „neue Lehre“ der Lutheraner verbreitete sich weiterhin ziemlich schnell, sodass in Oberösterreich im Jahre 1590 bereits 85 % der Bevölkerung evangelisch war.
Um 1600 erging der  Befehl an die vorwiegend evangelischen Salzarbeiter, entweder katholisch zu werden oder auszuwandern.

Nach einem Zwischenfall am Pass Gschütt – die Gosauer Evangelischen verweigerten den kath. Abtenauern die Fronleichnamsprozession in ihre Heimat – eskalierte die angespannte Situation. Die evangelischen Christen waren bei weiten in der Überzahl und wollten vor allem die Gegenreformation verhindern. Es kam zu einem Aufstand und die kath. Priester und Kirchendiener wurden überall verjagt.

Im Februar 1602 fielen von mehreren Seiten her die Truppen von Erzbischof Wolf-Dietrich aus Salzburg in das Innere Salzkammergut ein und besiegten die aufständischen Lutheraner. Einige der Rädelsführer aus Hallstatt, Ischl und Gosau wurden  hingerichtet. Die kath. Priester wurden wieder neu eingesetzt.

Unter Kaiser Maximilian gab es dann einige Jahre weniger Probleme, da dieser tolerante Kaiser die Evangelischen voll anerkannte. Dann kam es zum berühmen Bruderzwist mit  Rudolf II. Dieser Herrscher wollte mit allen Mitteln wieder den katholischen Glauben aktivieren. Als dann dessen Neffe Ferdinand I. als Kaiser an die Macht kam, war es mit der Toleranz für die nächsten  sieben Generationen vorbei. Der streng katholischen Habsburger Kaiser wollten mit allen Mittel den „wahren Glauben“ wieder in der Bevölkerung herstellen.

Im Jahr 1622, also im 30-jährigen Krieg, wurden in das Kloster Traunkirchen vier Jesuiten entsendet und diese richteten Seelsorgestationen ein. Die Evangelischen gaben nicht so schnell auf. So wurde 1625 vom Kaiser ein umfangreiches Reformationspaket eingeführt mit Androhung drakonischer Strafen. Gleichzeitig trat die Pest auf und Missernten (Kleine Eiszeit) folgten und  dezimierten die Bevölkerung. Die Forderungen des Kaisers fand wenig Gehör und so wurde 1626 den Evangelischen angedroht, dass sie auswandern müssen. Kurz darauf kam es zum blutigen oberösterreichischen. Bauernaufstand.

1627 zwingt Kaiser Ferdinand I. auch evangelische Adelige, das Land zu verlassen. 1628 erfolgt die erste große Auswanderungswelle. Die nachfolgenden Herrscher Ferdinand II. und Ferdinand III. reihen sich nahtlos in die Verfolgung der Evangelischen ein. 1653 sollten alle Protestanten ausgewiesen werden, ohne Rücksicht auf familiäre Verhältnisse.

Etwa zum diese Zeit der größten Verfolgung begann der Geheimprotestantismus. Die evangelischen Christen im Inneren Salzkammergut trafen sich auf entfernten Almhütten, in den Bergwerkstollen oder anderen geheimen Orten. Dazu gehörten auch verschiedene Höhlen. Um von den Häschern und Gerichtsdienern nicht entdeckt zu werden, nahm man stundenlange Anstiege in Kauf.

Im Schutze der Höhlen wurden dann gebetet und gesungen oder aus der Bibel vorgelesen. Diese Bibeln, Gebet- und Liederbücher und sogenannte Sendbriefe von verschiedenen Autoren wurden auf abenteuerlichen Wegen und teils gefährlichen alpinen Steigen aus Deutschland in die Gemeinden rund um den Dachstein geschmuggelt. Diese Bücher und Schriften wurden meist von Salzhändlern  besorgt und mussten gut versteckt werden.

Während der Regierungszeit von Kaiser Leopold I. (1658 – 1705)  trat nochmals die Pest auf und forderte zahlreiche Menschenleben. Unter Kaiser Josef I. (1705-1711) war es zu mindestens im Salzkammergut etwas ruhiger.

Als Kaiser Karl VI. an die Regierung kam, war es mit den kurzen Frieden wieder vorbei. 1712 verkauften 70 Personen aus dem Salzkammergut ihren Besitz und wanderten nach Nürnberg aus. Die Verfolgung nahm wieder zu und erreichte um 1730 einen neuen Höhepunkt. 1733 holte man zwecks  Missionierung fünf Kapuzinermönche in das Salzkammergut. Die Evangelischen wurden deshalb nicht weniger, sondern gaben sich bei Überprüfungen nach außen hin als katholisch aus. 1734 führte der Kapuzinerpater Matthias in Hallstatt einen Exorzismus durch. Es war das Jahr, wo im Hallstätter Salzberg der bestens konservierte Leichnam eines Kelten gefunden wurde. Noch im selben Sommer wanderten 263 Personen aus dem Inneren Salzkammergut nach Siebenbürgen aus. 1735 erklärten 350 Protestanten, dass sie auswandern wollen, wenn die Bedrängnis nicht endlich aufhört. Es kam in der Folge noch zu mehreren Transporten entlang der Traun und Donau in die östlichen Gebieten  der Monarchie.

1740 begann die Regierungszeit von Maria Theresia. Die Erzherzogin – zur Kaiserin von Österreich wurde sie nie gekrönt – war trotz ihrer vielen großartigen Reformen in religiösen Angelegenheiten absolut toleranzlos. Zwischen 1752 und 1757 gab es siebzehn Transporte nach Siebenbürger und Umgebung. Die große Herrscherin ließ zwischen 1747 und 1751 die Kirche am Ischler Salzberg bauen, weil sich gerade unter den Bergleuten viele Protestanten befanden. Auch das Fronleichnamsfest und der Bau von Kalvarienbergkapellen wurde unter ihrer Regierungszeit eingeführt. Ihr Sohn Josef II. war ab 1745 der Mitregent und vielleicht war es gerade sein Einfluss, dass ab etwa 1770 die strengen Verfolgungen aufhörten. Im Jahre 1781, ein Jahr nach dem Tode von Maria Theresia  hat bekanntlich Kaiser Josef II. das Toleranzpaket eingeführt und damit den Glaubenskrieg beendet.

Im Jahre 1801, also zwanzig Jahre nach dem Toleranzpaket, meldet die Statistik folgende Daten: Goisern war zu rund zwei Drittel evangelisch und in Gosau sogar über 3/4 der Bevölkerung. Dagegen war Hallstatt zu 2/3 katholisch und in Lauffen und Bad Ischl bekannten sich offiziell um die 98 Prozent zum katholischen Glauben. In Ebensee gab es überhaupt 100 Prozent Katholiken.

Man kann heute nicht genau sagen, in welcher Zeit sich die evangelischen Christen in den abgelegenen Höhlen versammelten. Es gibt keine beweiskräftigen Jahreszahlen noch irgendwelche Funde. Ich vermute, dass die Höhlen in der Zeit der größten Verfolgung aufgesucht wurden und das wäre um 1650. Aus einer Gosauer Familenchronik konnte ich das Jahr 1721 eruieren, wo sich die Protestanten vermutlich bei der Seekarkirche trafen.

Nachfolgend eine Kurzbeschreibung jener Höhlen, welche während der Gegenreformation bzw. Geheimprotestantismus als Versammlungsort dienten.

 

 

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Die Seekarkirche

 

Diese kleine Höhle befindet sich rund 10 Gehminuten oberhalb der höchsten Hütte auf der Seekaralm südlich oberhalb von Gosau in 1590 m Seehöhe. Der Aufstieg zu Fuß von Gosau-Mittertal beträgt mindestens zwei Gehstunden. Heute führt eine Forststraße in die Nähe der Almhütten vorbei. Man kann jetzt wegen der markanten Wegweiser das etwas versteckt liegende Karstobjekt eigentlich nicht mehr verfehlen. Das Höhlenportal sieht man aber erst, wenn man unmittelbar davorsteht. Dieser Umstand war damals sicherlich enorm wichtig. Ungebetene „Gäste“ konnten sich nicht unbemerkt nähern.

Die Seekarkirche (Kat. Nr. 1542/19) besteht aus einen anfangs mannshohen und zwei Meter breiten trockenen Gang, welcher leicht abfällt. Etwa in der Mitte der Höhle ist der Boden mit zahlreichen Steinen bedeckt und der Gang etwas breiter. Nach kurzer ebener Sohle steigt die Höhle wieder an und führt zu zwei weiteren, unpassierbaren Tagöffnungen inmitten von Latschen. Die Gesamtlänge beträgt 33 m, die Niveaudifferenz 12.8 m (+9.4 m, - 3.4 m),

Auf der linken Seite des Einganges befinden sich zahlreiche Inschriften und Gravierungen. Dabei handelt es sich um eingeritzte Initialen, welche meist eingerahmt sind. Häufige Buchstaben sind W, G und P. Auffällig ist die Buchstabenkombination IP, welche auch bei anderen Höhlen auf der Dachsteinwestseite zu finden sind. „IP“ könnte „in pace“  (In Frieden) bedeuten. Die ältesten Jahreszahlen stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

In der Seekarkirche konnten sich aus Platzgründen nicht viele Menschen aufhalten. Vielleicht fanden die Glaubenskund-gebungen und Andachten vor dem gut überwachbaren Eingang statt. So wie heute, dann jährlich treffen sich am 15. August viele Personen zur Gedenkfeier beim Höhleneingang.

 

Linkes Bild: Umweit der Seekarkirche befindet sich die Seekaralm und der Seekarsee am Fuß vom Modereck.

Bildmitte: In die relativ kleine Seekarkirche führt ein abfallender Gang und in der Folge zu zwei weiteren Öffnungen.

Bild rechts: Jährlich am 15. August findet beim Höhleneingang eine gut besuchte Gedenkfeier statt.


Die Kalmooskirche

 

Das bekannteste Objekt unter den Höhlenkirchen ist sicherlich die Kalmooskirche (Kat. Nr. 1564/16) in 1618 m Seehöhe umweit der Goisererhütte. Die altbekannte Höhle hat auch noch die Namen Kolmooskirche, Kohlmannskirche oder Kollmannskirche.

Kurz nach dem rund 3.5 m breiten und ebenso hohen Eingang kommt man in eine leicht abfallende, rund 20 m lange, 5 m breite und 6 m hohe Halle. Wenige Meter nach dem Eingang zweigt nach links (Süden) ein 16 m langer Gang ab. Dieser erhält noch Tageslicht und ist am Ende verstürzt. Vom ostwärts gerichteten Eingang hat man einen sehr schönen Blick hinunter in das Goiserertal und Umgebung.

Im Eingangsbereich haben vermutlich die Versammlungen mit Bibellesungen und Gebeten stattgefunden. Die halbdunkle Atmosphäre hat sicherlich ein gewisses Geborgenheitsgefühl erzeugt.

Manche Besucher „spüren“ im Eingangsbereich noch heute diese Energie. Die Fremdenverkehrswerbung hat nun diese Höhle ebenfalls für sich „entdeckt“ und den Ort als Glücksplatz und Krafthöhle deklariert. In einem der Prospekte kann man lesen: „Tausende Gebete, Verzweiflung, Hoffnung und unerschütterliche Glaubensbekenntnisse haben die Patina dieser Höhlenwände gefärbt...“.

Die Kalmosskirche ist sicherlich ein besonderer Ort mit einer eigenen Ausstrahlung. Manchmal finden noch Gedenkfeiern statt, welche von der evangelischen Kirche aus Goisern veranstaltet werden. Diese werden sehr würdevoll und mit großem Ernst zelebriert.

Weiter im Berginneren der insgesamt 291 m langen Höhle befindet sich noch eine Stelle, wo drei Kreuze mit Ruß an die Wand gezeichnet wurden. Es gibt auch noch einen „Geheimgang“, welchen ich 1964 mit einem Schulkameraden entdeckte. Dieser führt auf der Gosauerseite an das Tageslicht und ist von außen schwer zu finden.

Wer sich noch genauer über die Höhle informieren will, kann im ARCHIV unter "Die Kalmooskirche" weitere Einzelheiten nachlesen. 

 

Linkes Bild: Der Höhleneingang der Kalmmoskirche befindet sich umweit der Goisererhütte.

Bildmitte: Unmittelbar hinter dem Eingang befindet sich ein größerer  Raum, wo die Andachten stattfanden.

Bild rechts: Weiter im Höhleninneren befinden sich diese Kreuze, welche mit Ruß an die Wand gezeichnet wurden.


Das Schwarzenbachloch

 

Diese Höhle befindet sich auf der Nordseite vom Goiserertal in ca. 990 m Seehöhe und hat die offizielle Katasternummer 1612/7. Von Bad Goisern, Ortschaft St. Agatha aus fährt oder geht man, vorbei an der Abzweigung zum Gasthof „Halleralm“, bis zum linksseitigen Parkplatz auf der Flohwiese in der Ortschaft Pichlern. Hier beginnt bzw. endet der etwa 2 km lange bezeichnete „Toleranzweg“. Über sumpfige Wiesen und Wald erreicht man eine Hängebrücke. Zuletzt steigt man in kurzen, steilen Serpentinen entlang zum unscheinbaren Eingang über eine Felsstufe zum Höhleneingang. Der „Toleranzweg“ ist als Rundweg angelegt und mit Informationstafeln versehen.

Das Schwarzenbachloch oder alter Name Schwarzbachloch gehört schon auf Grund der historischen Überlieferungen aus der Zeit des Geheimprotestantismus zu den interessantesten Objekten im Goisererland. Außerdem ist diese Höhle mit der eingangsnahen Wasseransammlung sehr fotogen und enthält sehenswerte Raumformen.

Durch einen rund drei Meter breiten und 1 m hohen Eingang erreicht man nach einem kurzen abfallenden Gang die „Engleitnerhalle“ oder auch „Wasserhalle“ benannt. Dieser rundliche Raum ist an die 20 m lang, 15 m breit und bis zu 3 m hoch. Etwa zwei Drittel der Halle ist meist mit einem kleinen See bedeckt, in welchem sich der Eingang spiegelt und eine mystische Stimmung erzeugt. In diesem Raum haben sich vermutlich die Evangelischen zur Andacht getroffen. Am Eingang war ursprünglich ein eingeritztes Kreuz vorhanden, welches später zum Hakenkreuz verschandelt wurde.

Zeitweise rinnt ein kleiner Bach (Schwarzenbach) aus der Höhle. Das Schwarzenbachloch hat eine Gesamtlänge von 180 m und wurde auch schon als Therapiestation zur Linderung von Lungenkrankheiten benutzt. Vom Eingang bis zum höchsten Punkt in der „Schennerhalle“ besteht ein Höhenunterschied von 40 m.

 

Sagen und Legenden: „In der Ortschaft Pichlern befindet sich die Kainwiese. Einige hundert Meter davon entfernt, in der Richtung gegen den Raschberg, ist das Schwarzenbachloch. Es besitzt eine ziemliche Länge. Nach mündlichen Berichten fand man früher selbst verschiedene Tiergerippe. Schöne Tropfsteine sollen sich jetzt noch drinnen vorfinden und am Ende des Ganges ein kleiner Teich. Von diesem Loche nun geht noch heute die Sage, dass es in den Zeiten der Unduldsamkeit für die Protestanten ein geheimer Versammlungsort war, wo sich die Verfolgten gegenseitig ermunterten, trösteten und gottesdienstliche Handlungen verrichteten. Vor vielen Jahren fand man auch wirklich im Schwarzenbachloch ein uraltes evangelisches Gesang- und Betbuch….“. (Nach Anton Rosenauer).

  

Durch die leichte Erreichbarkeit und der nötigen Vorsicht ist der Höhlenbesuch auch für Erwachsenen mit Kinder geeignet.

 

Bild ,links: Der niedere Höhleneingang (gelber Pfeil) ist ziemlich versteckt und war gut überwachbar.

Bildmitte: In der ersten Halle spiegelt sich der Eingang in einen Tümpel. Nicht immer ist soviel Wasser vorhanden.

Bild rechts: Der Toleranzweg als bezeichneter 2.2 km langer Rundweg führt bei dem Schwarzenbachloch vorbei.


Die Gschlösslkirche

 

Es ist einer der interessantesten Höhlen des Dachsteingebirges bzw. des Inneren Salzkammergutes. Die drei Höhleneingänge (Kat. Nr. 1543/27 a-c) öffnen sich zwischen 1.843 m und 1.858 m Meereshöhe auf der Ostseite vom Gschlösslkogel. Der zinnenartige Gschlösslkogel befindet sich nördlich vom Aufstieg ab Hinteren Gosausee zur Adamekhütte. Der Zustieg ist langwierig und erfordert Kondition und etwas Trittsicherheit. Die Höhle ist knapp 90 m lang und hat einen Höhenunterschied von 21 m. Der domartige Innenraum ist mit großen Versturzblöcken bedeckt. Durch einen senkrechten, 18 m hohen Schacht fällt Schnee in die Höhle und bildet eine Firnhalde, welche sich früher bis zum Herbstbeginn hielt. Durch das einfallende diffuse Licht in diesen Schacht und den zwei weiteren Eingängen erhält die Gschlösslkirche eine sehr mystische Stimmung.

Der berühmte Dachsteinforscher Prof. Friedrich Simony hat im Jahre 1844 diese Höhle besucht und ein Farbgemälde angefertigt. Ab 1877 wurde die Gschlösslkirche   zeitweise als Notunterkunft für Hochalpinisten verwendete. Zwei Jahre später wurde die Grobgesteinhütte erbaut und die Höhle geriet in Vergessenheit.

Im Jahre 1996 wurde die Gschlösslkirche von Walter Greger und Norbert Leutner „wiederentdeckt“ und zusammen mit der Familie Mitterhofer genau vermessen und dokumentiert. Merkwürdigerweise erhielt ich vor der Erforschung dieser Höhle mehrmals einen anonymen Anruf, ich sollte diesen „heiligen Ort“ nicht betreten.

Der Name weist auf eine Höhlenkirche hin, welche während der Gegenreformation   aufgesucht wurde. Dafür spricht das auf einen Felsen eingravierte „IP“, welches auch bei anderen Höhlen und abgelegenen Orten zu finden ist und „In Pace“ (In Frieden) bedeutet. Unterhalb dieser Inschrift hat sich übrigens am 20. Juli 1844 Friedrich Simony verewigt. Die halbverfallenen künstlichen Mauern in der Höhle sowie  alte  Geschirrfragmente könnten ebenfalls auf einen Aufenthalt hinweisen. Im 19. Jahrhundert reichte der Gosaugletscher noch weit hinunter in das Kar.

Gegen einen Versammlungsort spricht der lange Anstiegsweg, welcher von Gosau mindestens fünf Stunden beträgt. Persönlich halte ich es möglich, dass sich hier  sogenannte Bibelschmugler trafen und die Schriften hinterlegten. Der Weg auf die Südseite vom Dachstein  (Linzerweg) ist zwar gefährlicher, ab zeitlich etwa gleich lang wie nach Gosau.

Auffällig ist auf jeden Fall, dass Friedrich Simony diese abgelegene Höhle kannte. Zu seiner Zeit gab es noch ältere Menschen, welche in der Gegenreformation schon lebten. Die Gschlösslkirche hatte damals schon den heutigen Namen.

Wie es auch sei, persönlich hat mich diese außergewöhnliche Höhle sehr beeindruckt. Ich war mehrmals dort und es ist meinem Gespür nach ein besonderer Kraftort. Seit 2009 finden dort bei günstigen Wetterverhältnissen jährlich Gedenkfeiern statt.

 

Wer Näheres erfahren will, denn darf ich meinen Videofilm auf Youtube „Die Gschlösslkirche“ empfehlen.

 

 

Bild links: Fünf Stunden Anstieg vom Vorderen Gosausee sind notwendig, um die Gschlösslkirche zu erreichen.

Bildmitte: Friedrich Simony hat am 20. Juli 1844 dieses Bild gezeichnet und später mit Farbe versehen.

Bild rechts: Der Schnee fällt durch einen 18 m tiefen Schacht in die Höhle und hält sich bis in den Spätsommer.


Bild links: Die Aussicht vom Predigtstuhl zum Hallstättersee und Dachsteingebirge ist einmalig schön.

Bildmitte: Kurz vor dem Gipfel am "Radsteig" befindet sich die sogenannte "Betstelle". 

Bild rechts: Diese "Koppengeister" aus  aus der Obertrauner Koppenschlucht sind vermutlich evangelische Symbole.


 

Weitere „evangelische“ Orte

 

Im Gebiet von Bad Goisern gilt als geheimer Treffpunkt während der Gegenreformation auch die Betstelle. Es handelt sich mehr um einen durch Felsen geschützten, fast ebenen Platz mit einigen höhlenartigen Spalten. Der Weg zum nahen Gipfel vom Predigtstuhl (Radsteig) führt direkt an diesem Ort vorbei. Der Name des Berges „Predigtstuhl“ dürfte ebenfalls mit den Geheimprotestantismus zusammenhängen.

 

In Hallstatt lebten zur Zeit des Gegenreformation etwas weniger Evangelische wie in den Nachbarorten. Aber auch etliche Hallstätter mussten im Laufe der Zeit aus Glaubensgründen auswandern. Einige Ortsnamen in der Umgebung könnten auf evangelische Zusammenkünfte hindeuten.

Die Grosse Nischenhöhle (Kat. Nr. 1563/9) in 1820 m Meereshöhe befindet sich in der Nähe des markierten Weges vom Oberen Salzbergtal zum Plassengipfel.  Dieses Karstobjekt eignet sich vorzüglich als Schutzhöhle. Die alte volkstümliche Bezeichnung lautet „Kiralo“ bzw. Kirchenhöhle. Den Namen nach könnte die Höhle während der Gegenreformation eine Rolle gespielt haben. Näheres ist mir nicht bekannt.

Rund 1 km nördlich von Hallstatt liegt zwischen See und Landesstrasse die „Hl. Geist Wiese“ und der „Hundsort.“ Beide Örtlichkeiten deuten auf den Aufenthalt von Protestanten hin. Möglicherweise hat auch die Goldloch-Halbhöhle zwischen Hallstatt und Obertraun mit den eigenartigen Felsritzzeichen und dem eingravierten "IP" (In Pace?) etwas mit dem Geheimprotestantismus zu tun. (Siehe im Archiv "Der Goldloch-Stollen).

Diese Gravierung "IP" (Totengedenken?) befinden sich mehrfach auch an Bergsturzfelsen im Bereich vom Echerntal und weiter oberhalb im sogenannten "Niederen Dürren."

 

In Obertraun wurden die Evangelischen laut dem bekannten Reiseschriftsteller Steiner besonders verfolgt. Diese versteckten sich am Beginn der Koppenschlucht und lebten unter erbarmungswürdigen Umständen. Steiner verurteilt dabei auf mehreren Seiten die Vorgehensweise der Jesuiten. In Obertraun gibt es die  15 m lange „Winklerberghöhle“ (Kat. Nr. 1546/4) rund 170 m oberhalb vom Ortseil Winkl. Diese Halbhöhle wird auch als „Schergenloch“ bezeichnet. Nach Aussagen des verstorbenen Heimatforschers Matthias Kirchschlager konnte man vom Eingang aus weite Teile von Obertraun übersehen und damit auch verbotene Zusammenkünfte überwachen.

Interessant ist auch der Fund von drei Blechfiguren, welche vor Jahren am Beginn der Koppenschlucht gemacht wurden. Entgegen der Meinung von einigen Wissenschaftlern bin ich der Ansicht, dass diese Figuren evangelische Symbole darstellen.

Die Pfaffenlöcher (Kat. Nr. 1611/2) oberhalb der Straße kurz vor dem Beginn des Koppenpasses war ursprünglich eine 10 m lange Kluft mit einem gerade schliefbaren Eingang. Im Berg war der Überlieferung nach ein kleiner Raum vorhanden. Um das Jahr 1930 herum wurden in diesem Bereich gewaltige Mengen von Steinblöcken für den Schutzdamm des rechten Traunufer abgesprengt. Der ehemalige Obertrauner Heimatforscher Siegfried Pramesberger vermutete in der ehemaligen Höhle einen geheimen Treffpunkt der Protestanten während des Geheimprotestantismus.

 

In der Nähe der Ortschaft Lauffen existiert das sogenannte Höllenloch. Diese sagenumwobene, 373 m lange Höhle war kein Zufluchtsort der Protestanten, sondern genau das Gegenteil. Im Jahre 1601/2 waren es katholische Priester, welche zeitweise von den Evangelischen flüchten mussten. Nach Mitteilung des verstorbenen Heimatforscher Friedrich Kienast musste sich der kath. Pfarrer von Lauffen vorerst beim Höllbauern und später im Höllenloch verstecken. 

Im Höllenloch befinden sich heute noch Skeletteile von verunglückten Schatzgräbern aus dem 18. Jahrhundert. Weiteren Informationen kann man in meinem Video unter youtube „Lauffen im Salzkammergut“ entnehmen.

 

In Traunkirchen begann die ursprüngliche Missionierung durch die Jesuiten. 1622 übernahm der Orden das alte Nonnenkloster, welches 1632 abbrannte und dann neu erbaut wurde. Oberhalb von Traunkirchen gab es geheime Treffpunkte während der Gegenreformation. Ein schwer erreichbarer Felsen in der Nähe vom sagenumwobenen Baalstein diente als heimliche Totengedenkstätte der Evangelischen. Die überhängende Wand enthält zahlreiche Gravuren und Inschriften hauptsächlich aus der Regierungszeit von Maria Theresia. 

Westlich der Hochsteinalm bzw. östlich der Windlegernalm gibt es einen markanten Felsen, welcher als "Hundskirche" bezeichnet wird. An diesem Ort trafen sich zur Zeit des Geheimprotestantismus die verfolgten evangelischen Christen. Unterhalb dieses Felsen befindet sich eine steile Schlucht mit insgesamt sechs Höhlen bzw. Bergspalten zwischen 12 und 40 m Länge. Einige diese Klüfte sollen der Überlieferung nach ebenfalls als Zufluchtstätten gedient haben.


Bild links: Im "Höllenloch" bei Lauffen hat sich um 1601/02 angeblich der kath. Pfarrer des Ortes versteckt.

Bildmitte: Der Name "Hl. Geist Wiese" nördlich von Hallstatt deutet auf einen evangelischen Treffpunkt hin.

Bild rechts: Der Name "Kiralo" für diese Höhle am Weg zum Plassengipfel könnte eine Höhlenkirche sein.


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Resumee: Was Religionfanatismus und Intoleranz bewirken, erlebten wir nicht nur in den vergangenen Jahrhunderten, sondern auch vielfach heute. Gottseidank haben sich katholische und evangelische Christen weitgehend zusammengefunden. Ein ökonomischer Gottesdienst oder eine gemeinsame Bergmesse sind heue ganz normal. Auch die verschiedenen christlich orientierten Anderskirchen werden problemlos toleriert. Dieses Zusammenhalten ist ungeheuer wichtig.

 

Wer sich noch näher über die Hintergründe der "Religionsunruhen" informieren möchte, denn möchte ich das 324-seitige Buch von Heinz Schießer empfehlen. Der Titel lautet "Wir gehen zwar, aber wir kehren wieder". Gegenreformation und Geheimprotestantismus im Salzkammergut.


+  +  +    www.norbertleutner.at   +  +  +