ALLGEMEINES
Am Beginn der Nordwand vom Vorderer Hirlatz in der Nähe von Hallstatt befinden sich die Eingänge der Oberen Brandgrabenhöhle. Die kleinen Bergöffnungen - die einheimische Bezeichnung lautet Brandloch - sind sicherlich schon sehr lange bekannt. Denn durchschnittlich alle sieben Jahre bricht aus dem Berg ein reißender Wildbach hervor. Das Wasser ergießt sich dann durch den Brandgraben in das Echerntal und vereinigt sich dort mit den Waldbach. Nach etwas über 1 km mündet der Waldbach dann in den Hallstättersee.
Linkes Bild und Bildmitte: Dieses Schauspiel vom Wasserausbruch sieht man im Durchschnitt nur alle sieben Jahre, wie hier am 7. Juli 2010. So vermutete man schon immer, dass es im Berginneren größere Wasseransammlungen gibt.
Rechtes Bild: Der Haupteingang in die Obere Brandgrabenhöhle.
Wenn der Brandbach aus der Höhle austritt, so gab es schon vorher starke Regenfälle bis hinauf in die Gletscherregion. Die bestehende Hochwassergefahr wird dann nochmals verstärkt. "Der Brandbach geht", sagen dann die Ortsbewohner und betrachten mit Sorge die reißenden, dunkelbraunen Fluten.
Einmal ereignete sich dabei eine Tragödie. Der einzige Sohn des bekannten Forschers Dr. Friedrich Morton ertrank im Brandbach und wurde in den See hinaus geschwemmt.
Der Zugang zur Höhle ist relativ einfach. Man folgt den nicht markierten, aber ausgetretenen Steig, welcher etwas rechts vom Simonydenkmal im Hallstatt-Echerntal bergauf zur Hirlatzhöhle führt. Nach rund 200 Höhenmeter biegt der Weg nach rechts zur Hirlatzhöhle. An dieser Stelle verlässt man den Steig und quert ein Stück weglos nach links bis zum normal trockenen Bachbett vom Brandgraben. Direkt am Wandfuss öffnen sich die kleinen Eingänge, wo im Durchschnitt alle sieben Jahre ein gewaltiger Wildbach herausbricht.
Die etwas tiefer liegenden Eingänge zu der Mittleren Brandgrabenhöhle und der Unteren Brandgrabenhöhle erreicht man am besten, wenn man direkt im Brandgraben hochsteigt.
Linkes Bild: Der kluftartige Eingang, durch welchen die Höhle betreten wird. Daneben erkennt man die Höhlentafel. Am oberen rechten Rand ein weiterer, röhrenförmiger Eingang.
Bild in der Mitte: Am 7. Juli 2010 brach mit Urgewalt das Wasser aus der Höhle und stürzt in das Echerntal, wo es zu einer Vereinigung mit dem Waldbach kommt.
Bild rechts: Der hochwasserführende Waldbach kurz vor der Einmündung in den Hallstättersee.
Beschreibung: Der Haupteingang besteht aus einer 4 m hohen und 50 cm breiten Kluft. Nach einem kurzem Abstieg und nachfolgenden niederen aufwärtsführenden Gang erreicht man einen größeren Raum mit rundgeschliffenen Gesteinen an der Sohle. Kurz zuvor gibt es durch eine enge, unpassierbare Kluft eine Rufverbindung zur MITTLEREN BRANDGRABENHÖHLE.
Von dieser „Hansengrotte“ führen noch zwei weitere enge Öffnungen an das Tageslicht. Benannt wurde der Raum nach den drei Erforschern, die alle Hans hießen. In 3 m Seehöhe führt ein schöner, kluftartiger Gang nach einem scharfen Knick zum „Gabelschacht“. Dieser 10 m tiefe Schacht ist 60 m vom Eingang entfernt und in den Sommermonaten in der Regel bis zur Hälfte mit Wasser angefüllt.
Am Schachtgrund beginnt der Hauptgang, welcher sich in vielen Windungen fast horizontal in südöstliche Richtung erstreckt. Dabei kommt es immer wieder zu meist 1 – 1.7 m tiefen und bis zu 20 m langen Wasseransammlungen. Diese haben die Bezeichnungen wie „Picknicksee“, „Winkelsee“, „Pfeilersee“, „Mitternachtssee“ oder „Hoffnungssee“. Von diesem Hauptgang zweigen mehrmals enge und labyrinthartige Gänge ab und enden meist bei einem Siphon. Überall sind die Spuren des Wassers sichtbar. Höhlenfotografen kommen voll auf ihre Kosten. Nicht nur die Seen, sondern auch die Gangprofile bieten wunderschöne Motive. Selbst die infolge Sedimentablagerung düsteren Räume haben einen besonderen Reiz.
Erforschung: Diese Höhle ist infolge des Wasserstandes nur in den strengen Wintermonaten ohne Tauchanzüge zur Gänze begehbar. Somit war nur der Eingangsteil schon länger bekannt. Schon Kraus erwähnt die Höhle im 19. Jahrhundert. Die älteste Inschrift stammt aus dem Jahre 1910. Um das Jahr 1920 wurde der Großteil der Höhle von Matthias Kirchschlager und weiteren Forschern befahren. Angeblich wurden dabei Autoschläuche als Floß verwendet, um über die kleineren Seen zu kommen. Leider gibt es darüber keine genauen Unterlagen.
Die planmäßige Forschung und Dokumentation setzte im Jahre 1949 ein. Die ersten Vermessungsdaten stammen von O. Schauberger aus dem Jahre 1957.
Im Jahre 1964 ergriffen Höhlenforscher aus Linz die Initiative. Anfang Jänner wurden die ganzen bekannten Höhlengänge befahren sowie ein neuer Gang etwa 100 m weit hinter dem letzten Siphon erkundet. Persönlich war es damals meine erste größere Höhlentour.
Einen Monat später wurde die Höhle erneut aufgesucht und Vermessungen durchgeführt. Dabei waren Ottokar Kai, Brigitte Trotzl, Helmut Planer, Josef Freudenthaler, Karl Gaisberger und meine Wendigkeit. Als jüngster Teilnehmer mit 17 Jahren hatte ich die ehrenvolle Aufgabe, das Schlauchboot zu tragen. Dafür durfte ich auch den Fährmann spielen, d.h. die Forscher von einem Ufer zum anderen transportieren. Dabei passierte mir ein folgenschweres Missgeschick.
„Kurz nach dem Abstieg in den 10 m tiefen Gabelschacht beginnt ein labyrinthartiges Gangsystem mit mehreren kleinen Seen und Tümpeln. Die erste größere Wasseransammlung wird Teufelssee genannt und ist dieser rund 20 m lang, durchschnittlich 1 m tief und mehrfach gewunden. Nachdem auch ein Fräulein Brigitte mit von der Partie war, wollte ich es besonders gut machen und kippte als Fährmann mit dem Schlauchboot um. Nach dem Vollbad bei 5 ° C Wassertemperatur tauchte ich noch nach der Karbidlampe und wurde mangels Ersatzkleidung von Erhard zurück zum Höhleneingang gebracht. Anschließend stieg ich alleine bei – 13 ° C in das Echerntal ab. Als ich vollkommen steif gefroren beim Wirtshaus „Hirlatz“ vorbeiging, hielt ich es nicht mehr aus, ging hinein und setzte mich an einem leeren Tisch. Ich bestellte einen halben Liter Glühwein und beobachtete, wie die Wasserlacke unter meinen Füßen immer größer wurden. Meine schon benebelten Gedanken waren in der Höhle bei den Kameraden und so bemerkte ich erst spät, dass mich die Gäste anstarrten. Der Rest ist kurz erzählt: Ich war in einen Hausball geraten und wurde bei der Maskenprämierung mit dem dritten Preis bedacht – als Vagabund…“ (Leutner, Archiv).
Um das Jahr 1980 gelang Joachim Schwarz mit Tauchausrüstung ein weiteres Vordringen in die Höhle. Eine der kleinen Seen wurde dabei nach ihm getauft. In den Jahren 1998/99 interessierten sich auch Taucher aus dem Ausland für die Höhle. Peter Hübner und Michael Meyberg konnten aber aufgrund stark schwankender Wasserstände und schlechter Sichtverhältnisse keinen entscheidenden Durchbruch erzielen.
Ab dem Jahr 2010 interessierten sich wieder zunehmend Taucher vom Landesverein für Höhlenkunde in OÖ. für diese Objekt. Nach mehreren Erkundungsfahrten gelang es am 29. Dezember 2011 unter Tauchleitung von Gerhard Wimmer einen neuen Gang zu entdecken. Man mußte dabei stellenweise bis in eine Tiefe von 21 m abtauchen. Beim Aufwärtstauchen sah Wimmer plötzlich in 14 m Wassertiefe das Ende einer Tauchleine, welche bereits im Jahre 2004 von anderen Tauchern in der HIRLATZHÖHLE zurückgelassen wurde. Damit wurde der lange gesuchte Zusammenhang gefunden und die Länge der drei BRANDGRABENHÖHLEN dazu gerechnet werden. Damit hatte die HIRLATZHÖHLE eine Länge von 100.680 m erreicht!
Besonderheiten: Es ist schon so manchen Forscher aufgefallen, dass er während des Aufenthaltes in der Unterwelt seine Erkältung los wurde oder sich diese besserte. Dieses gilt vor allem für die Brandgrabenhöhlen und auch andere Höhlen und Stollen in der Umgebung. Dr. Rudolf Bengesser, prakt. Arzt und Höhlenforscher, hat sich besonders diesen Thema angenommen und Versuche durchgeführt. Diesen wissenschaftlichen Zweig nennt man Speläotherapie.
Generell kann man sagen, dass ein gewisses Höhlenklima sich positiv auf Atemwegserkrankungen auswirkt. Hier können einige Faktoren wie die reine, staubfreie und ionisierte Luft, erhöhte Luftfeuchtigkeit und erhöhter CO2-Anteil eine Heilung beschleunigen.
Hydrologischer Zusammenhang mit der Hirlatzhöhle (Theorien):
Wie bereits eingangs erwähnt, kommt es im Durchschnitt nur alle sieben Jahre zum gewaltigen Wasseraustritt. Man hat dann das Gefühl, dass sich der ganze Hirlatz von seinen lang angestauten Wasser befreit. Dieses Phänomen hat möglicherweise eine Erklärung, wenn man sich mit den Erkenntnissen des berühmten Wasserforscher Viktor Schauberger (1885-1958) aus Bad Ischl auseinandersetzt. Der Forscher hat u.a. mit seinem erfundenen „Heimkraftwerk“ nachgewiesen, dass ein fließendes Wasser durch Rotationsbewegungen und spezifischer Röhrenform in der Mitte zentriert wird. Damit verringern sich die Reibungswiderstände und das abkühlende Wasser verdichtet sich. Dadurch entsteht durch frei werdende Energie eine Sogwirkung, welche anderes Wasser ansaugt.
In den BRANDGRABENHÖHLEN kommt es auf jeden Fall zu Wirbelbewegungen des Wassers, wie zahlreiche Erosionskolke bezeugen. Es fällt auch hier auf, daß diese Strudellöcher und Fließfacetten meist in der Gangmitte liegen. Die entstehende Sogwirkung bringt die vielen Syphonstrecken und Wasseradern in Bewegung – der Effekt ist bekannt. Wie weit hier auch noch das Prinzip der kommunizierenden Röhren eine Rolle spielt, müsste noch genauer untersucht werden. Auf jeden Fall gäbe es hier auch ein praxisnahes Betätigungsfeld zur Erforschung des Wassers mit seinen wunderbaren Eigenschaften!
Zoologie: Im Jahre 1981 fand Erna Eichbauer 65 m vom Eingang entfernt einen sehr seltenen Tausendfüßler mit den Namen „Alpityphus seewaldi“. Relativ häufig findet man auch Höhlenflohkrebse.
Naturschutz: Aufgrund der besonderen naturwissenschaftlichen Bedeutung wurde die OBERE BRANDGRABENHÖHLE im Jahre 1969 unter Naturschutz gestellt.
Basisdaten: Diese Höhle in 725 m Seehöhe hatte ursprünglich die Kat. Nr. 1546/006 und eine Länge von 1573 m. Die Horizontalerstreckung betrug 418 m, die Höhendifferenz 98 m (+ 48 m, - 50 m), Pläne stammen von Othmar Schauberger und Erhard Fritsch. Mit der im Jahre 2010 entdeckten Verbindung zur Hirlatzhöhle ist diese nun ein Teil dieses über 100 km langen Systems.
MITTLERE BRANDGRABENHÖHLE
Auch in Gebieten, wo man annimmt, diese wären längst erforscht, gibt es immer wieder Überraschungen. So gelang Peter Seethaler mit einen Kameraden im Jahre 1979 die Entdeckung einer neuen Großhöhle etwas unterhalb der Hirlatzwand. Der Eingang befindet sich im meist trockenen Bachbett des Brandgrabens, nur etwa 130 m höher als der Talboden vom Echerntal.
Zähigkeit und Ausdauer machen sich bei der Höhlenforschung bezahlt! In fünf Tageseinsätzen gelang es den beiden Forschern, den mit Bruchschutt angefüllten Eingangsbereich und nachfolgenden Gang freizulegen.
Die Erstbegeher erwähnen im Bericht, dass nach dem stark verstürzten Eingangsteil zwei sehr enge Schlüfe zu überwinden sind. Es folgen einige Kammern und weitere Engstellen, bis man nach rund 50 m den 10 m hohen Abstieg in die erste größere Halle erreicht. Dieser Raum wurde meinen Wunsch entsprechend nach Matthias Kirchschlager benannt. Es hat den Anschein, dass aus der Mittleren Brandgrabenhöhle kein Wasser austritt, obwohl diese tiefer liegt als die Obere Brandgrabenhöhle.
Von diesem zentralen Schnittpunkt führen mehrere Gänge zu verschiedenen größeren Räumen wie dem „Wasserfalldom“ oder dem „Regendom“. Überall sind die Spuren des Wassers in Form von Bachläufen und auch einem Wasserfall zu finden. Der tiefste Punkt liegt schon fast in der Seehöhe des Talbodens.
Im Jahre 1981 wurde in einer Kluft eine Rufverbindung zur OBEREN BRANDGRABENHÖHLE hergestellt. Um die Verbindung gangbar zu machen, wäre eine Sprengung notwendig gewesen. Auf Wunsch der Entdecker wurde diese künstliche Erweiterung nicht durchgeführt, um nicht die reichhaltige Fauna zu zerstören. Ähnlich verhält es sich mit der UNTEREN BRANDGRABENHÖHLE. Auch hier müsste ein kurzer, enger Gang erweitert werden, um eine gangbare Verbindung herzustellen.
Zählt man die vermessene Länge aller drei Brandgrabenhöhlen zusammen, so ergibt dieses derzeit eine Länge von 2260 m. Wo aber hört die BRANDGRABENHÖHLE auf und beginnt die HIRLATZHÖHLE?
Man sollte die BRANDGRABENHÖHLEN nicht als periodische, sondern als episodische Quellen (Hungerquelle) ansprechen. Diese sind die meiste Zeit trocken, führen aber im aktiven Zustand bedeutende Wassermengen.
Basisdaten: Ursprünglich Kat. Nr. 1546/011, Seehöhe 650 m, vermessene Gesamtlänge 634 m, Höhendifferenz 101 m (- 69 m, + 32 m), max. Horizontalerstreckung 153 m. Seit dem Jahre 2000 ein Teil der Hirlatzhöhle.
UNTERE BRANDGRABENHÖHLE
Diese periodisch aktive Wasserhöhle befindet sich auf der rechten Seite des Brandbaches fast schon in Talnähe. Hinter dem kleinen Eingang beginnt ein kluftgebundener Gang, welcher nach 12 m in die „Kugelsteinhalle“ führt. Die 12 m lange Fortsetzung besteht aus einen schönen ellipsenförmigen Gang, welcher in einer unschliefbaren Engstelle mündet. Hier besteht seit den Forschungen im Jahre 1979 eine Rufverbindung zur MITTLEREN BRANDGRABENHÖHLE.
Seltsamerweise wird diese Höhle, obwohl am tiefsten aller drei Brandgrabenhöhlen gelegen, manchmal später aktiv als die OBERE BRANDGRABENHÖHLE. Am 2. August 1991, nach einer Woche mit starken Regen, rann auch ein 3 m breiter und 50 cm hoher Bach aus der Höhle heraus. Während der Wasserbeobachtungen von zwei Höhlenforschern kam es zur gleichen Zeit rund 50 m oberhalb am Waldrand des Brandgrabens zur „Geburt“ einer neuen Quelle. Aus dem Trichter von 5 m Durchmesser floss ein Bach mit großer Wassermenge.
Basisdaten: Ursprünglich Kat. Nr. 1546/005, Seehöhe 618 m, Länge 53 m, Höhendifferenz - 9 m, Plan: Leutner. Jetzt ein weiterer, theoretischer Zugang zur Hirlatzhöhle.
OBERE BRANDGRABENHÖHLE.
Linkes Bild: Historische Aufnahme aus dem Jahr 1963. Der "Teufelsee" ist nur einer von vielen fotogenen Tümpeln, welche man im Winter mit dem Schlauchboot befahren kann. Die heutigen Forscher ziehen einfach Neoprenanzüge an.
Rechtes Bild: Typischer Erosionsstollen, welche im Sommer meist überflutet sind.
OBERE BRANDGRABENHÖHLE
Nur bis zum 7 m tiefen Gabelschacht kann man im Sommer ohne Tauchausrüstung gehen. Die ganzen Höhlenteile gehören hydrologisch gesehen zum untersten Stockwerk der Hirlatzhöhle. Wenn alle Hohlkörper gefüllt sind, kommt es zur Entleerung. Dieses passiert durchschnittlich alle sieben Jahre.
In Eingangsnähe führt eine nicht begehbare Kluft zur Mittleren Brandgrabenhöhle bzw. auch zur Unteren Brandgrabenhöhle.
Der Originalplan aus dem Jahre 1957 stammt noch von Othmar Schauberger mit späteren Ergänzungen durch Erhard Fritsch.
Statistisch gesehen müsste es spätestens 2018 wieder heißen: "Der Brandbach geht".
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